der Musiker
Es gibt nur gute oder schlechte Musik,
die man richtig oder falsch spielen kann
"Wer Komplexität bewältigen will, muss selbst komplex sein. Wer Unsicherheit umgehen will, muss sie zulassen können," formuliert Franz Reither, einer der führenden Komplexitätsforscher Deutschlands, wesentliche Voraussetzungen des erfolgreichen Umgangs mit Komplexität. Die Musik ist ein klassisches Beispiel dafür. Um ein großes Orchester zu dirigieren, braucht man wesentlich vielfältigere Fähigkeiten, als für das Spielen eines Kinderliedes mit einem Finger auf dem Klavier. Und welcher Dirigent wüsste vorher, wie sein Orchester und sein Publikum während und nach dem Konzert reagieren wird?
Fredmund Malik wurde ab seinem 8. Lebensjahr in klassischer Gitarre ausgebildet und spielte bis zu seinem 24. Lebensjahr in verschiedenen Musikgruppen Gitarre und Posaune. Dem Saxophon und der Klarinette konnte er ebenfalls ein paar Töne entlocken. Musikalisch ging er durch alle Kategorien: Klassik, Volksmusik, Jazz, Rock und Pop. Darüber hinaus sammelte er Erfahrung als Bandleader und Leadsänger. Sein Taschengeld verdiente er mit Musik und durch ein Jahr Profimusik auch den finanziellen Grundstock für sein Universitätsstudium .
Ein Orchester ist ein System und seine Musiker sind dessen Teile, die von ihm völlig verschieden sind. Eine Oboe ist kein Klavier und ein Saxophon keine Gitarre, eine Symphonie hat nichts mit ihrer Partitur gemein und eine Note nichts mit ihrem Ton. Durch all diese Unterschiedlichkeit kann ein harmonisches und wirksames Ganzes entstehen, aber auch ein disharmonisches. Dass beides möglich ist, sorgt für Maliks Faszination.
Was braucht es, damit ein Orchester in Einklang kommt, und damit Musiker zum Beispiel sagen können: "So gut wie heute haben wir die Siebte von Mahler noch nie gespielt." Das wäre die "musikalische" Übersetzung Fredmund Maliks Frage: "Was ist richtiges und gutes Management?"
Man ersetze "Organisation" mit "Orchester". Spätestens dann wird man nachempfinden können, was in Fredmund Maliks Kopf vorgeht. Es gibt für ihn, wie für alle wahren Musiker, nur gute und schlechte Musik. Ebenso betrachtet er Management: Es gibt richtiges Management, das man schlecht machen kann, falsches, das gut gemacht sein kann oder auch schlecht, und eben richtiges Management, das gut gemacht wird. Man kann ja auch gute Musik falsch spielen, und schlechte Musik richtig, wie schlechte Musik falsch und gute richtig.
Ab Beginn seines Studiums rührte Fredmund Malik seine Musikinstrumente nie wieder an. Bevor man bloß noch ein Musikant sein kann, muss man es aufgeben, ein Musiker zu sein.
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