der Dichter

Was tut das System "Mensch", wenn es Gedichte schreibt?

Ob es je Lyriker gab, die mit literaturwissenschaftlichen Analysen ihrer Gedichte einverstanden waren? Aus kybernetischen Gründen soll dieser Versuch hier erst gar nicht unternommen werden. In seinem wissenschaftlichen Werk bemühte sich Stafford Beer um absolute Klarheit, hier vermied er jede kryptische Anspielung. Wie viele Manager, fand aber auch er in der Kunst eine Ausdrucksform, die ... - . Nun, jede gute Führungskraft weiß auch, dass man nicht über alles öffentlich sprechen sollte, über was man sprechen könnte...

Seine Gedichte schließen alles ein, so dicht, dass man meinen könnte, sie lassen alles offen. 3 Gedichtbände von Stafford Beer sind erschienen. Eine Auswahl der Lyrik von Stafford Beer stellen wir Ihnen in diesem PDF-File vor.

Kennen Sie es, wie es ist, wenn man am liebsten all seine Fragen, Gedanken, Erfahrungen und Ahnungen gleichzeitig aussprechen möchte?

 

Ge-dicht

Der Zeit springt plötzlich ein Rad aus der Hand..
und die Sprache grinst einen gnadenlos an.
Irgendwie hat man Getriebe im Sand.
Man muss etwas tun, aber bloß was und wann?

Die Nerven scheinen zu kämpfen,
und doch ist Stille in jedem Neuron.
Was einem passiert, lässt sich nicht dämpfen:
geschieht nun Ex- oder Implosion?

Es macht einen starr und frei zugleich,
das Hirn wird ein eigenes Wesen.
Arm fühlt man sich, und gleichzeitig reich,
jetzt fängt man an, zu genesen.

Die Hand macht einfach, was sie will:
Längst liegen Feder und Blatt vor dir,
und selber wird man seltsam still.
Die Tinte schreibt sich von selbst auf's Papier!

Wie romantisch könnt' man dies explorieren,
vom Beginn an bis zur vollendeten Komposition.
Aber ein Gedicht tut von selber passieren,
besagt das Prinzip der Selbstorganisation.

 

Maria Pruckner

 

Stafford Beer war nicht der einzige Kybernetiker mit einem Hang zur Poesie. Warren McCulloch war berühmt für die poetischen Titel seiner Aufsätze, zum Beispiel "Was ist eine Zahl, dass ein Mensch sie kennen kann, und ein Mensch, dass er eine Zahl kennen kann?" und "Was bringt mein Hirn in Tinte zu Papier?" In seinen wissenschaftlichen Publikationen findet sich auch ab und zu auch ein Gedicht.

Stafford Beer könnte den Vorgang des Dichtens neurophysiologisch und kybernetisch erklären. Feuern dann alle Neuronen gleichzeitig, Stafford? Und woher kommen die Impulse? Was regt das Hirn des Dichters an zu dichten? Wie denken und ver-dichten lebende Systeme und wie die Computer? Das Prinzip der Selbstorganisation hat Heinz von Foerster formuliert, ebenfalls Mitbegründer der Kybernetik und enger Partner von Warren McCulloch.

 

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